top of page
»feine adressen – finest«

Persönliche Begegnungen

»feine adressen – finest« sprach mit Roland Bleinroth, Geschäftsführer der Messe Stuttgart, über Entschleunigung, den Wandel des Messegeschäfts und die Grabkapelle auf dem Württemberg.


© Foto: Landesmesse Stuttgart GmbH / Achim Mende

Wie haben Sie das vergangene Jahr erlebt?

Das vergangene Jahr war eine beispiellose Achterbahnfahrt zwischen Hoffnung und Enttäuschung. Wir mussten erfahren, dass viele als »gegeben« erachtete Grundpfeiler unseres geschäftlichen und persönlichen Lebens auf einmal wegfielen. Wer hätte es vorher schon vorher für möglich erachtet, dass es Betriebsverbote für große Teile der Wirtschaft in Deutschland und der Welt geben könnte und dies auch noch über längere Zeiträume? Oder, dass europäische Grenzen wieder geschlossen werden könnten und überhaupt die Bewegungsfreiheit nicht mehr selbstverständlich ist? Andererseits hat die Krise aber auch eine bis dahin für unmöglich erachtete Entschleunigung gebracht, die uns dazu gedrängt hat, unsere Prioritäten und Lebenseinstellungen einmal grundlegend auf den Prüfstand zu stellen. Da ist auch ganz viel Positives entstanden, in der Familie, der Nachbarschaft, dem Berufsumfeld und der Gesellschaft insgesamt.


Wie hält sich die Messe Stuttgart über Wasser?

Die Corona-Pandemie beeinträchtigt noch immer das Messe- und Event-Geschäft sehr stark, sie verhindert aber nicht, dass wir als Messeverantwortliche unserer Kernkompetenz weiterhin nachgehen: Menschen zusammenzuführen und ihnen eine Plattform des Austauschs zu bieten. Um diesem Auftrag in Zeiten wie diesen gerecht zu werden, haben wir in den vergangenen Monaten unser digitales Geschäft weiter ausgebaut und für unsere Kunden, Aussteller, Veranstalter oder Multiplikatoren maßgeschneiderte Studio-Lösungen für den Echtzeit-Austausch im Internet eingerichtet.


Wie erfolgreich gestaltet sich das virtuelle Angebot der Messe Stuttgart?

Die Studios für Live-Sendungen und Aufzeichnungen kommen bei unseren Kunden sehr gut an und werden auch für unsere Eigenmessen genutzt. So konnten seit Herbst letzten Jahres doch etliche Veranstaltungen digital oder hybrid auf dem Gelände stattfinden. Viele Aussteller loben unseren Einsatz und dass wir ihnen eine Plattform bieten, um in den Dialog mit der Branche zu kommen. Dennoch sind sich alle Beteiligten einig, dass digitale Veranstaltungen die physische Präsenzmesse nicht ersetzen, sondern diese zukünftig eher ergänzen werden.


Roland Bleinroth © Foto: Landesmesse Stuttgart GmbH / Uli Regenscheit Fotografie

Wie motivieren Sie sich? Was gibt Ihnen Kraft?

Der direkte und persönliche Kontakt hat mir und uns allen bei der Messe Stuttgart während der Pandemiezeit schon sehr gefehlt. Meine persönliche Motivation war da aber nie ein Thema, im Gegenteil. Die Herausforderung, auch unter den schwierigsten Bedingungen das Bestmögliche für unsere Kunden zu erreichen, war ein neuer Ansporn, den wir als Messe Stuttgart-Team gerne aufgegriffen haben. Die Solidarität und Unterstützung unserer langjährigen Partner und Kunden zu erfahren, hat viel Kraft gegeben, um durch die schwierige Zeit, die auch immer wieder von Rückschlägen gekennzeichnet war, zu kommen.


Welche Pläne haben Sie für die Zukunft des Unternehmens?

Am 1. März 2020 hatten wir unseren bislang letzten »normalen« Messetag. Ab Mitte März griffen dann, teilweise sehr kurzfristig, die Veranstaltungsverbote. Nachdem wir für die Messe Stuttgart erstmals in ihrer Geschichte einen Antrag auf Kurzarbeit stellen mussten, haben wir uns aber sehr schnell genau den Zukunftsfragen angenommen. Schon im Sommer 2020 haben die Führungskräfte und große Teile der Belegschaft begonnen in diversen Workshops die Zukunft des Unternehmens zu entwickeln. Dies war ein unglaublich produktiver Prozess, bei dem überraschend viel konstruktive Kreativität bewiesen wurde. Im Ergebnis wurden Szenarien entwickelt, wie das Unternehmen noch effizienter aufgestellt werden kann, welche neuen Dienstleistungen wir unseren Kunden anbieten können und wie unser Messeportfolio zu optimieren ist. Daher stand auch schnell im Mittelpunkt neue Messethemen zu entwickeln bzw. solche für unseren Standort zu gewinnen. Tatsächlich wurden viele dieser Strategieüberlegungen bereits umgesetzt, so dass wir bereits heute sagen können, dass die Messe Stuttgart gestärkt aus der Krise hervorgehen wird.


© Foto: Landesmesse Stuttgart GmbH / Roland Halbe

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Messe der Zukunft aus? Welche Rolle werden digitale Angebote spielen?

Künftig werden reguläre Messen und Veranstaltungen verstärkt mit digitalen Angeboten ergänzt werden. Der Anspruch und das Erfolgsgeheimnis einer Messe wird aber weiter die Präsenzveranstaltung sein. Der »Markenkern« von Messen besteht im »face-to-face«-Marketing, im fachlichen Aus-tausch und direkten Treffen am Stand. Die persönliche Begegnung und das haptische Erfahren waren auch in der Pandmie nicht durch digitale Kanäle zu ersetzen. So wichtig die digitalen Formate für die Pandemie-Zeiten sind, so einhellig berichten die Teilnehmer auch, dass damit nicht annähernd die gleichen Geschäftsabschlüsse erreicht werden können, wie dies bei »Live-Events« der Fall ist. Der persönliche Kontakt, der für die Geschäftsanbahnung eben unverzichtbar ist, lässt sich nur sehr bedingt digitalisieren.


Auf was freuen Sie sich besonders, wenn Sie die Tore wieder öffnen dürfen?

Wir freuen uns alle sehr darauf, nach wahrscheinlich rund 18 Monaten des weitgehenden Berufsverbots wieder für unsere Kunden die Tore öffnen zu dürfen, das geschäftige Treiben zu spüren und in glückliche Gesichter zu schauen, wenn jemand genau die richtige Lösung für ein Problem gefunden hat oder ein Neuprodukt auf einer Messe seine Bewährungsprobe am Markt bestanden hat.


Wann macht Ihre Arbeit Sie glücklich?

Unvergleichbar und wirklich erfüllend ist der Moment, wenn nach einem Jahr Vorbereitung (oder oft auch länger), einem anstrengenden Aufbau und vielen Dingen, die noch unerwartet geregelt werden mussten, die Eröffnungsstunde naht. Sich dann der Blick auf die Eingangsbereiche richtet und dort bereits erwartungsvolle Kunden versammelt sind. Gerade bei einem neuen Messekonzept ist das ein wahrer Glücksmoment!


Was zog Sie vor 15 Jahren zurück nach Stuttgart? Was macht die Stadt für Sie reizvoll?

Nach dem Studium hat mein beruflicher Werdegang mit einem Vorstellungsgespräch bei einer der großen Marken in der Region Stuttgart begonnen. Oft wird Stuttgart von Menschen, die die Stadt nicht selber erlebt haben, gerne mal unterschätzt. Der besondere Charme dieser Stadt hat mich immer wieder gerne hierhin zurückkehren lassen. Als sich nach einem längeren Auslandsaufenthalt im Zusammenhang mit dem Bau der neuen Messe Stuttgart eine außergewöhnliche Chance ergab, diesen Umbruch als Geschäftsführer der Messe Stuttgart mitzugestalten, habe ich keine Sekunde gezögert, mich dafür zu bewerben. Mir war sofort klar, dass es keinen spannenderen Job im deutschen Messewesen geben kann! Dass ich dann im Januar 2006 diese Stelle antreten durfte, hat mich und meine Familie ungeheuer gefreut. Wir haben die Entscheidung nach Stuttgart zurückzukehren bis heute keine Minute bereut.


Was ist Ihr Lieblingsort in Stuttgart?

Stuttgart hat ganz viele schöne und besondere Orte. Zu den absoluten Lieblingsorten zählt für mich und meine Frau aber ganz zweifellos das »Denkmal ewiger Liebe«, die Grabkapelle auf dem Württemberg. Der Ort ist nicht nur ein architektonisches Highlight, sondern hat auch eine ganz besondere Atmosphäre und natürlich einen tollen Blick auf das Neckartal und Stuttgart. Ein Ausflug hierher gehört daher für uns zum Pflichtprogramm mit allen auswärtigen Besuchern.


Welchen Traum möchten Sie sich erfüllen?

Mit einem Segelboot durch die Inselwelt der Karibik cruisen!


Was bringt Sie zum Lachen?

Menschen, die auch in ernsten Lagen ihren Humor nicht verlieren und auch mal über sich selbst lachen können.


Welche Begegnung werden Sie nicht vergessen?

Eine der schönen Seiten des Messegeschäftes ist, dass sich sehr viele Begegnungen mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Branchen und »Welten« ergeben. Eine der eindrucksvollsten Begegnungen war mit dem Vorsitzenden eines großen Weltkonzerns, mit dem sich nach einem langen Messetag am Abend ein sehr persönliches Gespräch über philosophische und theologische Themen bis hin zum Lebenssinn ergab. Wenn man geschäftliche Partner nur aus dem beruflichen Umfeld kennt, nimmt man den Menschen »dahinter« oft nicht wirklich wahr. Das hat sich an dem Abend für mich nachhaltig geändert – allerdings verbietet die Diskretion Namen zu nennen.


Was ist für Sie Luxus?

Da mein Kalender üblicherweise sehr eng durchgetaktet ist, stellen Tage ohne Termine oder den Druck etwas fertigstellen zu müssen für mich echten Luxus dar. Ein gutes Buch an einem schönen Ort in der Sonne zu genießen, ohne zwischendurch schnell mal ein paar dringende E-Mails beantworten zu müssen, das ist Luxus pur!


Wir danken für das Gespräch.



Comments


bottom of page