»feine adressen – finest« sprach mit dem Intendanten der Staatsoper Stuttgart, Viktor Schoner, über den Stuttgarter Kulturbetrieb, zukünftige Pläne für die Staatsoper Stuttgart und worauf er sich in dieser Saison besonders freut.
Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt?
Ehrlich gesagt, als sehr belastend für unseren Berufsstand. Die ja durchaus wohltuende Entschleunigung geht einher mit einer Existenzangst vieler Künstlerinnen und Künstler. Neu an der Situation ist, dass auch sehr erfolgreiche und eigentlich selbstbewusste freischaffende Sänger*innen, Dirigent*innen aus ihrem euphorischen Erleben dieses Traumberufs gerissen wurden. Da muss man als Intendant viel Zuversicht verbreiten.
Wie hat sich die Pandemie auf den Kulturbetrieb in Stuttgart ausgewirkt? Gibt es auch positive Effekte?
Wie immer in Not- und Krisenzeiten: Die Solidarität hat sich verstärkt, nicht der Egoismus. Das ist eine schöne Erfahrung. Auch hat sich die Fantasie, die Improvisations- und Innovationskraft ihren Weg gebahnt. Aber in dieser Krise eine Chance zu sehen, gelingt mir innerhalb der Theaterwelt noch nicht. Im echten Leben, mit Blick auf Klima, moderner Mobilität und Hinterfragung manch einer gesellschaftlichen Konvention durchaus.
Wie motivieren Sie sich? Was gibt Ihnen Kraft?
Kraft gibt mir die Lebensfreude meiner Familie. Und natürlich die Euphorie eines Publikums, wenn ein Opernabend gelungen ist. Diese Euphorie entsteht besonders in Vorstellungen in diesen Zeiten.
Worauf freuen Sie sich in dieser Saison besonders?
Ich freue mich auf (fast) jeden Opernabend gleichermaßen. Besonders ist in diesem Jahr vielleicht unsere inhaltliche Ausrichtung auf die Frage »Wer ist wir?« – und da sind sämtliche Abende mit unserem Opernchor, der gerade wieder zum Opernchor des Jahres gewählt wurde, herauszuheben.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft des Hauses?
Weiterhin ein Ort zu sein, der für Künstler*innen und Publikum, für jede*n Stuttgarter*in, jede*n Württemberger*in einen Identifikationsort und einen offenen Raum für Euphorie, Zweifel, Schwächen, Stärken und Utopien darstellt.
Wann macht Ihre Arbeit Sie glücklich?
Wenn durchaus existenzielle und ernste Fragen mit leichter Hand und froh behandelt werden von allen Beteiligten, also von Werkstätten, Musiker*innen, Solist*innen, Dirigent*innen gleichermaßen – oder auch wenn auf den ersten Blick leichten Themen ein emotionaler Ernst innewohnt.
Was zog Sie nach Stuttgart? Was macht die Stadt für Sie reizvoll?
Der Job. Die ungewöhnliche Verbindung der Stuttgarter aus Neugierde und Bodenständigkeit – wenn allerdings eines wegfällt, wird’s schwierig.
Was ist Ihr Lieblingsort in Stuttgart?
Der Biergarten am Teehaus.
Welchen Traum möchten Sie sich erfüllen?
Das auszusprechen würde ebenjenen ja wie eine Seifenblase zerplatzen lassen.
Was bringt Sie zum Lachen?
Sehr vieles. Vor allem Ernstes. Angefangen bei Dick und Doof.
Welche Begegnung werden Sie nicht vergessen (und warum)?
Mein desaströses Namensgedächtnis wird nur aufgefangen durch eine recht gute Erinnerung an menschliche Begegnungen. Als Intendant genieße ich diese in vollen Zügen und versuche tatsächlich, so wenige wie möglich zu vergessen, da es schlicht ein Geschenk ist, mit wie vielen außergewöhnlichen Menschen man aufeinandertrifft. Ich erlebe das eigentlich jeden Tag als Geschenk.
Welche Musik hören Sie gern privat?
Bach und Punk.
Wann und wie begann Ihr Interesse für klassische Musik?
Blockflötenunterricht in der zweiten Klasse.
Wie regelmäßig musizieren Sie selbst?
Inzwischen wieder häufiger in meiner neuen Rolle als Kammermusikpartner meiner Kinder.
Welche Oper hat einen besonderen Platz in Ihrem Herzen?
»La Traviata« von Giuseppe Verdi.
Was ist für Sie Luxus?
Im Stuttgarter Opernhaus in der Intendantenloge sitzend einer gelungenen Aufführung beiwohnen zu dürfen genauso wie ein Spaziergang durch den Bopserwald.
Vielen Dank für dieses interessante Gespräch.
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