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Emrich Welsing

Interview mit dem Präsidenten des Immobilienverbandes Deutschland IVD

»feine adressen – finest« sprach mit Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD, über die aktuelle Situation in der Immobilienbranche, nachhaltiges Bauen und Wohnen sowie die Zukunft des Immobilienmarktes.


Jürgen Michael Schick
Jürgen Michael Schick ist seit 1990 in der Immo­bilienbranche aktiv und seit 2015 Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD © Foto: Die Hoffotografen GmbH Berlin/IVD

Wie wirkt sich die aktuelle Situation konkret auf den Immobilienmarkt aus?

Corona zeigt unterschiedliche Effekte auf den Immobilienmärkten. Der Teilmarkt für Einzelhandels- und Hotelimmobilien ist indirekt sehr stark vom zweiten Lockdown betroffen. Es ist von einer wachsenden Zahl an gewerblichen Mietausfällen auszugehen, was die Miet- und Kaufpreise unter Druck setzen wird. Der Markt für Wohnungen und Wohnhäuser ist dagegen fast gar nicht betroffen. Die Nachfrage von Nutzern und Investoren ist anhaltend hoch.


Hat die Absenkung der Umsatzsteuer von 19 auf 16 % in den vergangenen Monaten einen Einfluss auf Immobilienentscheidungen genommen?

Da auf die Kaufpreise für selbstgenutzte Immobilien keine Mehrwertsteuer erhoben wird, gibt es keinen direkten Effekt, was die Kaufentscheidung betrifft. Aber die Krise hat viele Mieter dazu motiviert, über die Anschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum nachzudenken. Denn Wohneigentümer sind resilienter in einer Krise. Sie sind unabhängig von Vermietern und steigenden Mieten. Die Pandemie hat das Verhältnis zu den eigenen vier Wänden außerdem gründlich verändert.


In den letzten Jahren profitierten Wohneigentümer sehr von dem langfristig sehr niedrigen Kreditzinsniveau. Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung bei der Immo-bilien-finan-zierung ein?

Auf absehbare Zeit werden Zinserhöhungen seitens der Europäischen Zentralbank wohl kein Thema sein. Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu dämpfen, ist eine liquiditätsorientierte Zinspolitik notwendig. Eine Zinswende und ein Anstieg der Kreditzinsen sind deshalb in den kommenden Jahren sehr unwahrscheinlich.


Stadt oder Land – wo lohnt sich der Neubau einer Wohnimmobilie heute mehr?

Am interessantesten sind sicher die sogenannten Zwischenlagen wie das Umland einer Metropole. Dort sind die Bodenpreise häufig um ein Vielfaches niedriger als in der Stadt. Gleichzeitig besteht aber ein deutlich höheres Wertsteigerungspotenzial als auf dem flachen Land, weil viele Menschen zwar nicht mehr im Stadtzentrum, aber doch in Stadtnähe wohnen möchten.


Sollte eine renovierte oder grundsanierte Immobilie nicht vielfach die bessere Empfehlung sein?

Das hängt von Lage, Preis und den individuellen Ansprüchen ab und lässt sich nicht pauschal beantworten. Ein Neubau ist zwar teurer, hat aber auch mehr Wert und ist auf die persönlichen Bedürfnisse besser zugeschnitten. Bestandsimmobilien bedeuten fast immer einen Kompromiss, sind dafür aber häufig erschwinglicher.


Wo und wie kann Ihre Branche mit nachhaltigen Bau- und Wohn-Lösungen zum Klimaschutz beitragen?

Beim Wohnen gibt es bereits vielfältige regulatorische und technische Ansätze, um den Energieverbrauch und -verlust durch Heizen zu verringern. Beim Bau sehen wir Trends hin zur Verwendung von umweltschonenderen Baumaterialien, wie zum Beispiel Holz, aber auch technische Lösungen wie Building Information Modelling und Modulbauweise, die den Ressourcenaufwand verringern.


Welche Perspektiven sehen Sie für die Bau- und Immo-bilien-branche für die Zukunft?

Die Themen Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Digitalisierung werden uns sicherlich begleiten. Besondere Relevanz werden zum Beispiel die zukünftige Gestaltung der Innenstädte und die Elektromobilität haben.


Wir danken für das Gespräch.


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